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Er hat alle provoziert, die Zuschauer, die Gegner.
Bis es hie?: Der Typ ist nicht ganz dicht. Auf einmal ist Oliver Kahn
richtig beliebt. Aber er traut der Sache nicht.
Er gilt als der beste Fu?ball-Torhuter der Welt. Als Bayern Munchen im Mai die Deutsche Meisterschaft holte und in Mailand das Finale der Champions League gewann, stand Oliver Kahn, 32, im Mittelpunkt. Zuerst trieb er im entscheidenden Spiel gegen den Hamburger SV seine Mannschaft in den letzten Minuten nach vorne, dann hielt er gegen den FC Valencia im Elfmeterschie?en drei von funf Ballen. Zwei Jahre zuvor hatten die Bayern das Endspiel gegen Manchester United unter dramatischen Umstanden verloren - in letzter Sekunde. Kahns Karriere begann beim Karlsruher SC, im Sommer '94 wechselte er nach Munchen. Dort wurde er viermal Deutscher Meister und einmal Pokalsieger; 36-mal stand er bei Landerspielen im Tor. Herr Kahn, wie oft haben Sie sich das Finale gegen Valencia angeschaut, diese Kronung Ihrer Karriere. Gar nicht. Das kann ich machen, wenn ich in Rente bin. Ich habe das Spiel nicht einmal auf Video. Ein paar Mal wurden die entscheidenden Momente wiederholt, die habe ich gesehen. Klar, der Hohepunkt war das Elfmeterschie?en. Was ging Ihnen durch den Kopf, als Sie auf dem Bildschirm den dritten, entscheidenden Elfmeter hielten? Mein Gott, habe ich gedacht, jetzt habe ich all mein Pulver verbraucht. Ich werde in meiner ganzen Karriere keinen Elfmeter mehr halten. Weil man so viel Gluck nur einmal hat. Nein. Ich will gar nicht von Gluck reden, sondern viel eher von: Eine Situation erzwingen! Das beschreibt diesen Moment besser. Naturlich ist ein Quantchen Gluck dabei, aber nur von Gluck zu reden, das ware mir zu einfach. Erzwingen? Wie soll das gehen? Mit dem Willen. Die Grundvoraussetzung ist Konzentration, dazu kommen Intuition, Ausstrahlung, ein Uberzeugtsein, die ganzen Erfahrungen eines langen Sportlerlebens also. Und das alles muss man im richtigen Augenblick abrufen konnen. Fur einen Torhuter klingen Sie ziemlich spirituell. Sie mussen sich das so vorstellen: Das Elfmeterschie?en in Mailand habe ich gespielt wie in einem Tunnel. Ich habe weder die Zuschauer wahrgenommen noch die Spielstande, wirklich, ich wusste teilweise das Ergebnis nicht. Ich habe nur registriert: Jetzt hat einer von uns verschossen, ich muss das nachste Ding halten! Egal, was kommt! Selbst bei dem entscheidenden Elfmeter hatte ich keine Ahnung ... dass damit Schluss war? Ich wusste nichts. Schauen Sie sich die Szene noch mal an, dann sehen Sie: Ich wehre den Schuss ab, dann gucke ich hoch zu den Spielern am Mittelkreis; ich denke: Die rennen ja los und jubeln, das war wohl die Entscheidung! Ich stutze, das ist deutlich zu sehen. Das sind fantastische Ebenen der Konzentration. Da staunt man: Du kannst also immer noch uber eine neue Grenze hinweg. Sie bekommen von Ihren Kollegen Tipps vor diesen Duellen: Pass auf, der Soundso schie?t immer nach links unten und der ... Ja, das ist alles gut gemeint. Aber ich hore da nichts, ich nehme nichts auf. Wenn Zuschauer mit Bananen nach Ihnen werfen wurden ... merke ich das nicht. Es ist egal. Ich bin wie in einer anderen Welt. Verraten Sie, wie Sie da hinkommen? Ich habe mich nach dem Schlusspfiff auf den Mailander Rasen gelegt. Augen zu. Dann kommen zwei mentale Ebenen. Auf der einen stelle ich mir einen wunderschonen Ort vor, strahlend blauer Himmel, die Sonne scheint durch die Baume auf einen herrlichen, ruhigen See, ich liege im warmen Gras, die Strahlen bedecken meinen Korper, das entspannt mich, das macht mich ruhig ... Szenenwechsel! Als nachstes stelle ich mir vor, ich fliege, fauste, ich halte alle Balle, jeden Ball der kommt, halte ich. Das ist mentale Arbeit, mehr als funf Minuten war ja nicht Zeit dafur. Dann bin ich aufgewacht, total frisch, voll uberzeugt von mir - und los geht's. Vor zwei Jahren ging das Finale anders aus. Sie verloren in den letzten zwei Minuten den sicher geglaubten Sieg an Manchester United. Wenn man mit einer solchen Brutalitat verliert, dann entsteht im Menschen eine Uberzeugung, dass man von jetzt an Gluck hat, wer auch immer einem das schenkt. Der da oben? Es wird ja immer viel vom Fu?ballgott gesprochen. Es gibt aber keinen Gott, der das Spiel lenkt oder Flanken schlagt. Was stimmt: Gott gibt uns Kraft, den Anforderungen des Lebens stand zu halten. Dann haben Sie ihn damals gut brauchen konnen. Ja. Der Glaube spielt immer dann eine gro?ere Rolle, wenn man sich in einer negativen Phase befindet. Das ist leider so. Aber ich bin wohl nicht der einzige Mensch, der das erfahren hat. Ihnen muss es richtig schlecht gegangen sein. Sie, der Unermudliche, der Kraftbolzen, haben sogar ein paar Spiele freiwillig ausgesetzt. Es war eine au?erst schwierige Zeit: Die beinharte Manchester-Niederlage, in der Nationalmannschaft war ich auch nicht unumstritten, ich musste um meinen Platz kampfen ... und die "Suddeutsche Zeitung" spottete, "Torhuter taumeln im Strafraum wie trunkene Matrosen". Wenn ich in dieser Art und Weise weitergemacht hatte, dann ... - ich wei? nicht. Ich war am Rand des physisch und psychisch Machbaren, da hat mein Korper reagiert. Er hat gestreikt. Ja, es kam zu einem volligen Erschopfungszustand. Obwohl ich medizinisch gesehen kerngesund war, konnte ich keine zwei Treppen mehr hochsteigen, ohne dass mein Puls auf 200 schoss, und der Korper sich vollig leer anfuhlte. Psychologen wurden sagen: Ein klassisches Burn-Out-Syndrom. Konnen Sie erklaren, wie sich das genau auswirkt? Es bedeutet totale Leere, totale Demotivation, totale Ziellosigkeit, totale Kraftlosigkeit. Und das bei Ihnen. Bayern-Manager Uli Hoene? nennt Sie "den Prototyp des Profis". Das ist eine Grenzerfahrung, die fur mich sehr wichtig war. Man wei? fur die Zukunft: Hier will ich nie wieder hin. Wenn man so tief unten ist, sammelt man die Krafte fur den Weg nach ganz oben. Am Ende der letzten Saison hat es doch standig so ausgesehen, als waren wir weg vom Fenster. Die Meisterschaft war schon zwei-, dreimal weg, und wir sind zuruckgekommen. Im Champions League-Finale lagen wir nach zwei Minuten zuruck, und dann haben wir auch noch einen Elfmeter verschossen. Wir waren wieder weg und sind wieder zuruckgekommen. Diese innere Starke, dieses Rangehen ans absolute Limit, das hat uns ausgezeichnet. Ich habe so etwas noch nie erlebt. Im Nachhinein kann man sich alles im Leben schon reden. Wussten Sie in Ihrem desolaten Zustand vor zwei Jahren, dass Sie aus diesem Tief wieder rauskommen? Nein, das wusste ich nicht. Nach dem Spiel gegen Manchester waren wir am Boden zerstort. Aber heute wei? ich: Dort, wo du quasi am Ende bist, entstehen der Wille und die Kraft fur neue, gro?e Taten. Sie reden von totaler Erschopfung, von Druck und tiefen Talern. Wo ist der Spa? am Spiel, Herr Kahn? Sagen Sie's mir doch bitte, wo ist denn noch Platz fur Spa?? Wo ist denn Raum fur Freude? Das ist schon auch ein Schei?job. Obwohl, ich wehre mich dagegen, es so zu sehen. Aber manchmal ... Herr Kahn! Sie leiden auf extrem hohem Niveau. Acht Millionen Mark jahrlich sollen Sie verdienen - ohne Extras. Arbeiten Sie doch mal acht Jahre lang bei Bayern Munchen! Du ackerst die ganze Saison wie ein Irrer, und es gibt nur ein Ziel, und das Ziel hei?t Titel. Du schlagst Real Madrid im Halbfinale und nach dem Spiel horst du sofort: Moment, Manner, jetzt mussen wir uns erst mal konzentrieren, in drei Tagen spielen wir in Cottbus. Und dann wirst du Deutscher Meister, am letzten Spieltag, in der letzten Sekunde, und du sitzt im Flugzeug auf dem Weg nach Hause, und es herrscht eine Stimmung, als sei die Mannschaft gerade abgestiegen. Das ist doch pervers. Es gab nicht mal ein Glaschen Champagner? Die Verantwortlichen haben gleich gesagt, in drei Tagen ist das Endspiel der Champions League. Ich habe gefragt: Vielleicht darf ich doch wenigstens mit einem Glas Wasser auf diese sensationelle Meisterschaft ansto?en. Sehen Sie, Sie mussen lachen, wenn ich so etwas erzahle. Aber als Spieler guckst du blod aus der Wasche und denkst dir: Wo ist eigentlich der Spa? geblieben? Ist das Problem jetzt fur Sie einigerma?en nachvollziehbar? Und wenn die Vereinsfuhrung nicht so rigoros ware? Dann waren wir hier alle nicht so erfolgreich. Diese Konsequenz, diese Harte, das ist doch das Credo der ewig Erfolgreichen. Sie empfinden dann kein bisschen Gluck? Doch. Aber das ist sehr tief in mir drin. Es wird wohl Jahre dauern, bis ich es richtig empfinden kann. Ich wurde die Momente des Glucks gerne festhalten, es ist nur nicht so leicht. Das Gluck ist kaum da - schon hat die neue Saison begonnen, und du siehst, welcher Stress auf dich zukommt. Sind Sie auch mal grundlos glucklich, einfach so? Da bin ich auf der Suche. Sie konnen das Leben nicht genie?en. Ich konnte das lange nicht richtig, inzwischen kann ich's etwas. Ich habe erst lernen mussen, ein Glas guten Rotwein zu schatzen. So etwas habe ich mir fruher nicht erlaubt. Irgendwann hat es klick gemacht im Kopf, und ich habe mir gesagt: Immer nur Disziplin, immer nur Training, immer nur Erfolge, immer nur Ziele, das kann ja nicht alles sein im Leben. Dieser Lernprozess wird Ihre Frau gefreut haben. Ich war schon extrem fruher, das stimmt. Es gab Zeiten, da sind wir mit Freunden am Tisch gesessen, man hat sich unterhalten, und ich habe stumm im Essen rumgestochert und mich dabei schon aufs nachste Spiel konzentriert. Dann musste meine Frau vor meinem Gesicht rumwinken: hallo, hallo! Oder wenn ich abends nach Hause kam, konnte meine Frau an meinem Gesichtsausdruck erkennen, ob ich ein Trainingsspielchen verloren habe. Hatte ich eine Laune! Das hort sich nicht sehr amusant an. Dabei hat Uli Hoene? erzahlt, er habe Sie tatsachlich schon einmal lachen sehen. Moment, Moment, da ist ein vollig falsches Bild von mir entstanden. Dieses Image konnen Sie glatt vergessen. Meine zwei Masseure sagen sogar, du bist ganz anders. In Wirklichkeit bist du unheimlich lustig, einer, der fur Stimmung sorgen kann. Der wird halt verdeckt von diesen anderen Eigenschaften. Ich bin Zwilling, ich bin der typischste Zwilling, den man sich vorstellen kann. Ich glaube uberhaupt nicht an dieses Zeug mit den Sternzeichen, aber dass ein Zwilling zwei Seiten hat, daran glaube ich hundertprozentig. Auf mich trifft es zu, das ist unglaublich. Denn wenn ich zu Hause so verbissen ware wie auf dem Platz, hatte es meine Frau keine zwei Wochen mit mir ausgehalten. Wie kann ein Mensch wie Sie eigentlich entspannen? Ganz schlecht. Mit Golfen und Buchern klappt es, die gehoren zu den wenigen Dingen, die mich total runterbringen. Von Paulo Coelho habe ich viel gelesen ... dem Lieblingsautor von Joschka Fischer ... Ach ja? Coelho schreibt wunderschone Romane, "Der Alchimist", "Krieger des Lichts" oder "Veronika beschlie?t zu sterben", das ist sein neues. Oder Sergio Bambaren, von dem habe ich gerade "Am Strand meiner Traume" gelesen und davor "Der Delfin". Ein kleines Buch, in der Art von "Die Mowe Jonathan". Lauter romantische Titel. Dabei wirken Sie eher wie ein Sachbuch-Typ. Der war ich auch. Ich wollte immer nur lernen, lernen, lernen. Irgendwann habe ich gedacht, guck mal, jetzt hast du so einen anstrengenden Job und liest auch noch Sachbucher! In meinen ersten Profijahren beim Karlsruher SC habe ich ja nebenbei noch Betriebswirtschaft studiert, bei den Bayern ging das nicht mehr. Ich ziehe meinen Hut vor Oliver Bierhoff, der sein Fernstudium nebenbei abgeschlossen hat. Der Job in Munchen verlangt mir zu viel ab, um zwischendurch noch zu pauken. Abitur haben Sie noch gemacht. Und das nicht ganz schlecht. Ich werde mein ganzes Leben nicht vergessen, wie ich damals in der Grundschule sa?, und unsere Lehrerin jeden gefragt hat, welchen Abschluss wir machen wollen. Einer hat gesagt, ich geh auf die Realschule, ein anderer wahlte die Hauptschule, und als ich dran war, habe ich gesagt: Ich will aufs Gymnasium. Da hat sie gelacht. Sie hat mich vor der Klasse ausgelacht. Ich habe mir gedacht: Okay, pass auf, du wirst schon sehen! Ich bin dann auf dem Gymnasium nie sitzen geblieben, weil ich immer an diese Lehrerin denken musste. Ich wollte es ihr beweisen. Das ist kein schwer wiegendes Erlebnis, aber klar, ein Schlusselmoment ist es schon. Wissen Sie noch Ihre Sportnote im Abitur? Die Sportnote war Eins! Nur im 1000-Meter-Lauf habe ich mich furchtbar gequalt. Dafur war ich im Hochsprung unheimlich gut - 1 Meter 73. Ich hab im Sportunterricht meistens gefehlt, weil ich nachmittags im Verein trainiert habe. Mein Lehrer kam zu mir und sagte, so schaffst du das nicht im Sport. Also das wei? ich noch genau, ich habe zwei Wochen vor der Abiturprufung zu unserem Platzwart gesagt, hang mir mal so eine Hochsprungstange auf. Die 1 Meter 73 habe ich ohne gro?es Uben geschafft. Sie haben schon als Jugendlicher trainiert wie ein Berserker ... und nicht nur das. Als kleiner Junge auf dem Schulhof, wenn wir in den Pausen mit einem Tennisball gekickt haben, habe ich mir immer wieder vorgestellt, wir waren in einem gro?en Stadion mit zehntausenden Zuschauern, mit all dem Larm und Jubel und Fahnen uberall. Ich glaube ja, dass ich mich damit im Unterbewusstsein vorbereitet habe, denn wenn man sich eine Situation wieder und wieder vorstellt, und sie tritt tatsachlich ein - ist man bestens gewappnet. Sie mussten auch harter trainieren, denn Sie haben wenig Talent. Das jedenfalls hat der neue DFB-Pressesprecher Harald Stenger in der "Frankfurter Rundschau" geschrieben. So? Das habe ich ofter gehort, dass andere talentierter sind. Oh, hat man mir gesagt, da kommt ein neues Talent, was wei? ich woher. Okay, habe ich geantwortet, da ist also wieder ein so neues Talent. Dann trainiere ich eben dreimal so viel wie das Talent - und am Ende war das Talent wieder weg. Ich musste mehr arbeiten als andere, um der Beste zu sein. Ich habe also fruh gelernt, dass das funktioniert. Haben Sie die Talente nie beneidet? Nein. Es ware mir zu langweilig gewesen, mehr Talent zu haben. Sie sind ein Masochist. Na ja, eine gewisse Ader ist schon da. Aber man darf nie vergessen, mir hat das Spa? gemacht. Meine Freunde zu der Zeit waren auch so, wir haben uns nach der Schule im Kraftraum getroffen und losgepowert. Das ist ein gro?artiges Gefuhl: Du hast alles getan! Ich habe damals trainiert, trainiert, trainiert ..., mir hat diese Qualerei gefallen. Selbst im Urlaub. Urlaub war ja kein Urlaub fur mich, ich habe immer gedacht, jetzt kann ich endlich all die Dinge verbessern, fur die ich sonst keine Zeit habe. Dafur war der Urlaub da. Und heute? Wie lange halten Sie es in einer Hangematte aus? Eine Viertelstunde. Das ist es ja, was meine Frau kirre macht. Sie sagt, Oliver, leg dich bitte hin, entspann dich. Ja, sage ich, das kann ich machen. Maximal eine halbe Stunde habe ich bisher geschafft. Herr Kahn, Sie sind von Beruf Torwart. Welches Verhaltnis haben Sie eigentlich zum Ball? Mmh. Hassen kann man den Ball nicht, oder? Wenn er drin ist. Dann ja. Als Torhuter habe ich eine ambivalente Beziehung zum Ball. Ich liebe ihn, wenn ich ihn in den Handen spure. Und ich hasse den Ball, wenn ich ihn aus dem Netz holen muss. Was geht Ihnen da durch den Kopf? In diesem Moment fuhlt man sich sehr, sehr einsam. Daran habe ich mich nie gewohnt, im Gegenteil: Es wurde von Jahr zu Jahr schlimmer. Auswarts jubeln 80 000 Zuschauer, im eigenen Stadion ist es totenstill, und du bist da unten ganz alleine, nur mit dem Ball. Diese Situation zu erleben, immer wieder uber Jahre hinaus, das hat schon eine gewaltige Brutalitat an sich. Versetzen Sie sich mal in meine Lage: Ein Tor fallt, ich hebe den Ball auf, ich drehe mich um, und ich blicke auf die Rucken meiner Mitspieler, die alle nach vorne laufen, weg von mir. Sie sehen in diesem Moment auch zum Furchten aus. "Das Monster" hat man uber Sie geschrieben, "Vulkahn", und "Die Zeit" hat vermutet, Sie seien "von den Kimbern und Teutonen aufs Feld geschickt worden". Ja, klar. Das ist die Folge meiner extremen Korper- und Gesichtssprache. Als Torhuter stehe ich auf einer Psychoposition. Ich habe das ganze Spiel nichts zu tun, dann kommen zwei Balle, die sind drin, nichts zu machen. So eine Frustration! Und dann muss ich da stehn und stehn und stehn, das Adrenalin steigt immer mehr, du wirst aggressiv, und wie sollen sich meine Aggressionen entladen? Diese schreckliche Passivitat! Ich kann nicht auf- und abrennen wie die anderen Spieler, die konnen mal irgendwo hinhauen. Ich agiere halt so, wie ich das mein Leben lang gemacht habe. Ich bin nicht eiskalt, ich lebe das Spiel ... und dann flippen Sie aus. Sie bei?en den einen Gegner in den Hals, den anderen erwarten Sie mit einem Karatetritt. Ich kann doch nicht mit 32 Jahren plotzlich im Tor stehen und mich
freuen, hahaha, da ist schon wieder einer drin. Das geht einfach nicht.
Und ehe Sie mich fragen, ob ich mich fur meine Ausraster schame: Nein,
ich schame mich nicht, ich bin nur uber mich erschrocken. Ich wei? namlich,
wie es zu diesen Kurzschlusshandlungen kommt. Der Frust und die Aggressionen
bauen sich uber viele Wochen auf, das muss mal raus. Besser hier als
zu Hause. Ich habe auch lange jedes Tor personlich genommen und mir
alleine die Schuld daran gegeben. Das frisst einen auf. Und auffressen
bedeutet, das einem das Leben fruher oder spater keinen Spa? mehr macht,
weil man nur noch an Fu?ball denkt, nur noch besessen ist von seinem
Beruf. |
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